Unsere Gemeinde kann auf eine über 160-jährige, ereignisreiche und wechselvolle Geschichte zurückblicken. Gegründet wurde sie 1856 von deutschen, französischen und Schweizer Kaufleuten. Ziel war die Etablierung einer dritten, weder englisch- noch arabischsprachigen evangelischen Gemeinde in Beirut. Weil die Mehrzahl der Gemeindeglieder entweder deutsch- oder französischsprachig waren, wurden die Sonntagsgottesdienste fortan abwechselnd in beiden Sprachen gefeiert. Formal unterstellt war die zweisprachige Gemeinde der Evangelischen Landeskirche in Preußen, und somit dem König von Preußen. Ihren internationalen Charakter hielten die Gründungsväter in ihrer Satzung fest:
« La communauté de Beyrouth est composée de personnes de toutes nations appartenant à l’Eglise Evangélique de résidence à Beyrouth ou ses environs ou de passage dans cette ville. » [„Die Beiruter Gemeinde setzt sich aus Personen aller Nationen/Völker zusammen, die der Evangelischen Kirche angehören (und) Wohnsitz in Beirut oder Umgebung haben oder sich auf der Durchreise befinden.“]
Erster Pfarrstelleninhaber wurde der gerade erst ordinierte, bilingual erzogene Wilhelm Krämer – bei Amtsantritt noch nicht 24 Jahre alt. Einer seiner Nachfolger war Eduard Ebel (von 1866 bis 1869), der später das jedem deutschen Kind geläufige Weihnachtslied „Leise rieselt der Schnee“ schrieb.
Zwar verfügte die Gemeinde bald über einen eigenen, bis heute genutzten Friedhof an der Rue Damas (seit 1867), und kurzzeitig sogar über eine Gemeindeschule, jedoch lange Jahre über keine eigene Kirche. Somit mussten die Gottesdienste in der Anfangszeit in Privatwohnungen – etwa des Deutschen Konsuls und Gründungsmitglieds Dr. Theodor Weber – stattfinden. Später wurden bei besonderen Anlässen der Andachtsraum des Johanniter-Hospitals (heutiges Gelände der ESA/Clemenceau) und sonntags der Betsaal des Mädchenpensionats der Kaiserswerther Diakonissen im Stadtzentrum von Beirut (heute befindet sich dort der sogenannte „Starco“-Komplex) Gottesdienstorte. Dies blieben sie bis in den I. Weltkrieg hinein.
Zweimal in ihrer Geschichte musste die Gemeinde wieder „von Null“ beginnen – der I. Weltkrieg hatte gar die bis heute andauernde Spaltung der Ursprungskirchengemeinde in eine deutsch- und eine französischsprachige Gemeinde zur Folge – die „Evangelische Gemeinde zu Beirut“ und die „Eglise Protestante Française de Beyrouth“.
Beim Aufbau der deutschsprachigen Gemeinde nach beiden Weltkriegen – der Großteil der Gemeindemitglieder hatte das Land verlassen, das Kircheneigentum war beschlagnahmt worden – waren jeweils Schweizer Gemeindemitglieder maßgeblich beteiligt. Erst 1930 (Hermann Stocks) bzw. 1954 (Gustav-Adolf Kriener) – letztere Entsendung einhergehend mit dem Bezug des bereits 1939 fertiggestellten, bis heute genutzten Kirchenbaus des „Notkirchen“-Architekten Otto Bartning – wurden wieder hauptamtliche Pfarrer aus Deutschland entsandt. In der NS-Zeit war die Evangelische Gemeinde kein Ort des Widerstands gewesen und hatte sich der Deutschen Evangelischen Kirche unterstellt.
Zur Ruhe kam die Gemeinde nach dem II. Weltkrieg nicht, denn auch in der Zeit des Libanesischen Bürgerkriegs (1975-1990) hatte sie stürmische Zeiten zu überstehen. Weil die bis dato benachbarte Deutsche Botschaft im Laufe des Krieges nach Jounieh umzog, übernahm die Gemeinde auch konsularische Aufgaben und wurde dank vieler engagierter Gemeindemitglieder zu einem sicheren Hafen für deutsche Bundesbürger.
Heute erfreut sich die etwa 120 Gemeindemitglieder umfassende Gemeinde unverändert großen Zuspruchs, auch wenn sich das Gemeindegebiet „nur“ noch auf den Libanon (im Wesentlichen Beirut und Tripoli) beschränkt. Aufgrund des Kriegs in Syrien sind Gemeindeaktivitäten in Damaskus und Aleppo seit 2011 vollends zum Erliegen gekommen; Bagdad gehört schon lange Jahre nicht mehr zum Gemeindegebiet. Neben dem Gottesdienst und dem anschließenden Kirchenkaffee sind Dienstags- sowie Kinder- und Jugendtreff feste Bestandteile des vielfältigen Gemeindelebens. Mit der in Freundschaft verbundenen Eglise Protestante Française de Beyrouth wurde vor zwei Jahren sogar wieder ein paritätisch besetztes Friedhofskomitee gegründet.
Aus der Anfangszeit der Gemeinde stammen noch die Taufschale, der Abendmahlskelch und die dazugehörige Patene, 1858 gestiftet vom Gustav-Adolf-Verein, Abteilung Königsberg in Preußen. Seit 1956 läutet auch die ehemals im Glockenturm von Zoar (Einrichtungen der Kaiserswerther Diakonissen) beheimatete, auf den Ton „cis“ gestimmte Glocke mit dem Namen „Eva Susanna“ (Firma C. Voß & Sohn, Stettin, 1874) im Glockenturm unserer Friedenskirche.
Christian Kirchen
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